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Reinhart im Interview: „Artenschutz und Biodiversität sind uns ein Herzensanliegen“

Herr Reinhart, die Grünen im Land nehmen sich einiges vor. Sie wollen Baden-Württemberg als erstes Bundesland bis 2040 klimaneutral machen. Ist das realistisch?
Wir alle wollen den Weg zur Klimaneutralität gehen. Aber wir brauchen kluge Instrumente und konkrete Lösungen. Wir haben etwa 2,7 Milliarden Hektar Wald auf diesem Planeten. Die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich hat dargelegt, dass wir garantiert die Klimaerwärmung um 1,5 Grad im Vergleich zum Jahr 1850 unterschreiten, wenn nur 900 Millionen Hektar Wald hinzukämen. Wir müssen bei der Aufforstung der Wälder Fortschritte machen – das ist eine weltweite Herausforderung. Deutschland hat ja nur zwei Prozent Anteil am Ausstoß. Darüber hinaus setzen wir auf Anreizsysteme und nicht auf Verbote.
Was muss hier vor Ort passieren?
Es muss unser aller Anliegen sein, dass wir neben Industrie und Energie auch im Bereich Verkehr und Wärme endlich vorankommen. Wärme macht 35 Prozent am CO2-Ausstoß aus. Deshalb appelliere ich dringend an den Bund, beim Thema Gebäudesanierung die steuerliche Absetzbarkeit gesetzlich zu verankern. Ich unterstütze auch den Vorschlag unserer Bundesvorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer nach einer Abwrackprämie für Ölheizungen. Beim Verkehr müssen wir technologieoffen sein. Wir müssen neben E-Mobilität auch Wasserstoff und Brennstoffzelle im Blick behalten. Und wir brauchen integrierte Verkehrskonzepte für Stadt und Land.
Kommt der Blick aufs Land bei den Grünen zu kurz?
Wir müssen aufpassen, dass manche ländlichen Gebiete nicht im Verkehrsschatten hängen bleiben. In einigen Regionen gibt es ja nicht einmal einen Zwei-Stunden-Takt. Und wir müssen weitere Kapazitäten schaffen. Das geht das Land jetzt durch Änderungen beim Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz an. Wir werden die Mittel pro Jahr von derzeit 160 auf 320 Millionen Euro verdoppeln. Dabei gehen 60 Prozent in den öffentlichen Nahverkehr und in den Radwegebau sowie 40 Prozent in den Straßenbau.
Was bedeutet das für die Bürger?
Wir müssen uns ehrlich machen und dem Bürger sagen, dass das Geld kostet. Seit acht Jahren haben wir einen grünen Umweltminister und Ministerpräsidenten, unsere Klimaziele für 2020 verfehlen wir trotzdem. Wir sollten steuern durch Steuern, aber mit Maß und Mitte.
Was heißt das in Bezug auf eine CO2-Steuer?
In Summe dürfen wir die Bürger nicht mehr belasten, aber wir sollten umsteuern. Eine CO2-Steuer statt einer Kfz- oder Stromsteuer kann ich mir vorstellen. Auch für eine Ausweitung des Handels mit Emissionszertifikaten bin ich offen.
Wie steht die CDU zur Pestizidreduktionsstrategie des Landes und zum Volksbgehren „Rettet die Bienen“? Viele Bauern werfen Ihrer Partei vor, damit gegen ihre Interessen zu handeln und ihre Existenz zu bedrohen.
Artenschutz und Biodiversität sind uns ein Herzensanliegen. Aber wenn wir nicht wollen, dass beispielsweise unsere Rebhänge verbuschen, brauchen wir Pflanzenschutz. Den kann man nicht am Schreibtisch verordnen. Bei feuchtem Wetter muss man zum Beispiel häufiger gegen Pilzbefall vorgehen. Wir brauchen hier die Expertise der Fachleute und müssen eine Gesamtbetrachtung vornehmen. Deshalb haben wir einen umfangreichen Fragenkatalog an die zuständigen Minister geschickt. Wir wollen wissen, wie es sich auswirken würde, wenn das Volksbegehren zum Artenschutz umgesetzt würde. Auch die Pestizidreduktionsstrategie muss möglich und wirtschaftlich vertretbar sein.
Sie kritisieren, es habe sich unter den Grünen zu wenig für den Klimaschutz getan. Aber hat die CDU ihr Herz für Umwelt- und Klimathemen selbst nicht zu spät entdeckt?
Die Versöhnung von Ökonomie und Ökologie war für uns schon immer ein wichtiges Thema. Die Bewahrung der Schöpfung ist ein urkonservativer Wert. Wir haben als eines der ersten Bundesländer ein Umweltministerium eingeführt.
In Bildungsfragen gibt es einige Streitpunkte mit den Grünen. Die CDU will an allen Grundschulen die Nachmittagsbetreuung mitfinanzieren. Die Grünen wollen das nur an den Schulen zulassen, an denen es kein Ganztagsangebot gibt. Was nun?
Wir als CDU haben bundesweit eine Umfrage unter Eltern in Auftrag gegeben. 70 Prozent der Eltern wünschen sich eine Wahlfreiheit: nicht nur gebundenen Zwang, sondern auch flexible Angebote. Wir wollen flächendeckend vom Bodensee bis zum Main alle Angebote möglich machen, auch wenn das ein paar Millionen mehr kostet. Da kann ich zu unserem grünen Partner nur sagen: Wacht auf und stimmt zu!
In keinem anderen Bundesland fehlen so viele Rektoren – vor allem an Grundschulen. CDU-Kultusministerin Susanne Eisenmann will nun Grundschulleiter deutlich besser entlohnen, wenn sie mindestens 40 statt bisher 80 Schüler haben. Reicht das?
Wir dürfen uns nicht an der Schülerzahl orientieren, sondern an der Funktion des Schulleiters. Er hat viele Aufgaben – er muss etwa die Lehrer motivieren und die Schule organisieren. Wir sind gegen eine Schülerzahlgrenze. Die Grünen möchten die Grenze stattdessen am liebsten noch höher setzen.
Lassen sich die Konflikte lösen?
Wir müssen Kompromisse finden. Das ist uns in der Regel in den letzten drei Jahren immer gelungen auf Fraktionsseite, wenn es die Regierung nicht geschafft hat.
Das sind nur zwei von vielen teuren Wünschen für den Doppelhaushalt 2020/2021 im Bildungsbereich. Kommen dadurch nicht andere Aufgaben des Landes zu kurz?
Bildung ist eine der Kernaufgaben des Landes, das ist eine Investition in die Zukunft. Wir müssen die Sprachkompetenz so früh wie möglich fördern, damit Kinder mit einer Grundbasis an die Schule kommen.
Hamburg verpflichtet Kindergartenkinder mit Sprachdefiziten, an Förderkursen teilzunehmen, bevor sie eingeschult werden. Ministerin Eisenmann hat damit geliebäugelt, dann aber nur die Beratung der Eltern und die Förderangebote ausgebaut. Braucht es auch im Südwesten solche verpflichtenden Förderkurse?
Da kann man mit mir sofort drüber reden.
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