Die Gesellschaft wird individueller, digitaler und vielfältiger. Aber die Innenstadt bleibt für viele Menschen ein wichtiger Identifikationsanker und bildet die gemeinsame Identität einer Stadtgesellschaft ab.
Die Stadtpolitik muss definieren, wie das „Innenstadtversprechen“ erfüllt werden kann: Handel und Versorgung, Teilhabe und Repräsentation, Arbeit, Wohnen, Kultur und Gemeinschaft sind dabei wichtige Faktoren. Innenstädte der Zukunft müssen elastisch gedacht und gestaltet werden, um eine Nutzungsvielfalt zu ermöglichen. Digitale Planungswerkzeuge können dabei helfen.
„Jede Innenstadt muss ihre eigene Geschichte erzählen und erlebbar sein. Wohlfühlen steht im Mittelpunkt von Leben, Wohnen, Kultur und Arbeiten in der City“, fasst der wirtschaftspolitische Sprecher Winfried Mack MdL einen entscheidenden Grundsatz zusammen. Dazu braucht es saubere, urbane und klimaangepasste Städte, die Ressourcen schonen, einen eigenen Kreislauf in den Quartieren und ein Leben in der Stadt trotz steigender Temperaturen ermöglichen.
Dabei erfährt auch die Mobilität eine grundlegende Neuordnung wie seit 100 Jahren nicht mehr. Die Lösung liegt hier in einem intelligenten Mix von Verkehrsangeboten. Entsprechende Apps können bei der optimalen Wahl der Route und entsprechender Verkehrsmittel helfen. Der Mensch soll dabei im Mittelpunkt stehen. Aufenthaltsqualität fängt nicht erst in der Innenstadt an, sondern auch auf dem Weg dorthin. Eine ansprechende, sichere und naturnahe Gestaltung lädt zum Spaziergang oder der Radfahrt in die City ein. „Entscheidend ist, dass wir Mobilität ermöglichen und die Konzepte auf die konkrete Situation vor Ort angepasst werden. In Großstädten gibt es andere Bedingungen und Bedürfnisse als in mittleren und kleinen Städten“, so Thomas Dörflinger MdL, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion.
Für die Zukunft des Handels ergibt sich sehr großer Anpassungsbedarf: es sind mehr Flächen für Showrooms notwendig, kürzere Einkaufszeiten der Kunden müssen berücksichtigt werden, regionale Produkte werden stärker nachgefragt, dafür nimmt die Markenloyalität ab. Digitale Angebote stellen dafür die Weichen: erleben, anschauen und ausprobieren vor Ort bieten durch Künstliche Intelligenz, Datenanalyse oder Versandservice einen Mehrwert gegenüber dem reinen Onlinehandel.
Kultur und Tourismus sind dabei kein nettes Beiwerk, sondern eine Grundlage für lebendige Innenstädte. Dabei spielt die Vernetzung und die Kommunikation der Angebote eine wichtige Rolle. Mit digitalen Kommunikationsmitteln lassen sich mitten in der Stadt Angebote in Echtzeit ankündigen, freie Tickets werden genauso angezeigt, wie die Buchungsmöglichkeiten und der Weg zur Veranstaltung. Hotellerie, Gastronomie und Handel profitieren von neuen Zielgruppen, die Angebote rund um ein Event nutzen.
„Die Innenstadt der Zukunft ist wieder multifunktional, sie hat mehr blaugrüne Infrastruktur und pflegt ihre Identitätsanker“, so fasst Christine Neumann-Martin MdL, Vorsitzende des Arbeitskreises Landesentwicklung und Wohnen der CDU-Landtagsfraktion, das Ergebnis der Anhörung aus städtebaulicher Sicht zusammen.
Eine multifunktionale Nutzung der Innenstadt und der Stadtquartiere wird immer wichtiger. Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Leben sollen in der Innenstadt und den Stadtquartieren nebeneinander stattfinden. Durch diese Nutzungsmischung und Verdichtung wird eine Belebung erreicht und kann das Verkehrsaufkommen reduziert werden, weil alles im eigenen Viertel vorhanden und mit kurzen Wegen erreichbar ist. Dazu passen kleine Maßstäbe, die für Vielseitigkeit und Belebung sorgen – die Zeit der großen Baukörper wie etwa riesige Einkaufszentren ist vorbei.
Der Leerstand kann eine Chance für lokale Einzelhändler, Handwerker und Manufakturen mit regionalem Angebot sein, genauso wie für mehr Wohnen in der Innenstadt. Um den Leerstand tatsächlich zu beseitigen oder schon zu verhindern und Wohnen und Gewerbe in der Innenstadt anzusiedeln, dürfen Mieten nicht zu hoch sein und müssen Auflagen, die eine Umnutzung erschweren, kritisch in den Blick genommen werden.
Für eine höhere Aufenthalts- und Lebensqualität in den Innenstädten sowie als Reaktion auf den Klimawandel ist mehr blaugrüne Infrastruktur erforderlich – dafür muss auch versiegelte Fläche weichen, um Platz für mehr Bäume, Gärten und Wasserflächen zu schaffen. Das Thema klimaresiliente Stadt gewinnt mit Blick auf Starkregenereignisse oder Hitzeperioden zunehmend an Bedeutung.
Die Innenstädte könnten sogar Kornkammern 4.0 werden. Allein in Stuttgart könnten Lebensmittel für 10 % der Bevölkerung angebaut werden. Dabei entstehen neue Anbauflächen mit kurzen Transportwegen, die das Stadtklima zudem positiv beeinflussen.
Wir müssen unsere Innenstädte neu denken, dafür waren die Impulse der Expertinnen und Experten sehr wertvoll. Der stetige Wandel war für die Städte schon immer prägend und kann auch jetzt eine Chance sein. Die Expertenanhörung hat wichtige Erkenntnisse für die Gestaltung dieses Wandels von politischer Seite geliefert.