Stuttgart – Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ setzte am Freitag (16.06.2023) im Stuttgarter Landtag das Handlungsfeld „Gesellschaftliche Betroffenheiten“ mit einem besonderen Blick auf Krisenkommunikation fort. Mit dem von der CDU vorgeschlagenen Experten Prof. Dr. Frank Brettschneider von der Universität Hohenheim widmeten sich die Kommissionsmitglieder besonders der Kommunikation auch in der Coronapandemie.
Über die letzten Sitzungen und auch heute wieder wurde die große Bedeutung von verständlicher, barrierefreier Kommunikation betont. Prof. Dr. Frank Brettschneider brachte diese Herausforderung dann in einen sehr konkreten Kontext, indem er die Kommission fragte, wer denn überhaupt noch mit Schlagwörtern aus der Corona-Kommunikation wie „Stratifikation“ oder „Containment Scouts“ noch etwas anfangen könnte. Auf grundsätzlicher Ebene betonte Prof. Dr. Brettschneider, dass die Kommunikation zur Stärkung der Krisenfestigkeit der Gesellschaft in unterschiedlichen Phasen abläuft (vor der Krise, während der Krise und nach der Krise).
Mit Blick auf die Nach-Krisen-Kommunikation lobte Brettschneider dabei insbesondere die Arbeit der Enquetekommission, die er hier als guten Ansatz betrachtete. Während es vor der Krise um vor allem um transparente Information sowie um einen ernsthaften Dialog zwischen Politik, Verwaltung und Bürgern geht, müsse in der Krise Kommunikation vor allem schnell, verlässlich und einheitlich erfolgen. Dafür sind entsprechende Kommunikationswege erforderlich. Neben den klassischen Massenmedien sind hier auch eigene Kommunikationskanäle von Bedeutung (Cell Broadcast, Social Media – u. a. Messenger-Dienste). Hier betonte Brettschneider auch die Glaubwürdigkeit der kommunizierenden Institutionen, wobei er die Ergebnisse seiner Forschung an der Universität Hohenheim vorstellte.
Brettschneider hob hervor: „In der Krise müssen die Situation und die sich daraus ergebenden Handlungsoptionen gut erklärt sowie Vor- und Nachteile von Handlungsoptionen abwägend dargestellt werden. Und die Informationen müssen auch für Laien verständlich sein. Denn nur Regeln, die verstanden werden, können auch befolgt werden! Darüber hinaus können Formate der Stakeholder- und der Bürgerbeteiligung einen für Politik und Verwaltung wichtigen Resonanzraum im Hinblick auf mögliche Maßnahmen schaffen“.
Kommt das, was wir sagen wollen, wirklich bei den Menschen an?
In Bezug auf diese Krisenkommunikation folgerte der CDU-Obmann der Enquetekommission Dr. Matthias Miller MdL: „In Sachen Verständlichkeit müssen wir uns in der heterogenen, pluralen Gesellschaft alle selbst prüfen. Kommt das, was wir sagen wollen, wirklich bei den Menschen an? So banal dies klingt: Das exekutive Handeln mit stetig wechselnden Regelungen der Corona-Verordnungen hat zu Frustrationen, Unverständnis und teils auch wirtschaftlichen Einbußen geführt. Nach den wissenschaftlichen Arbeiten von Prof. Dr. Brettschneider ist sehr offensichtlich, dass die Verständlichkeit der Regierungskommunikation mitunter zu wünschen übrig lässt.“
In Bezug auf die von Frank Brettschneider gezeigten Ergebnisse zum Vertrauen in verschiedene gesellschaftliche Institutionen gab sich Miller zerknirscht: „Die drei Gruppen, denen die Menschen am wenigsten vertrauen, sind Bürgerinitiativen, das europäische Parlament und die politischen Parteien. Irgendwie war mir das klar, aber es tut weh, wenn man das so klar gespiegelt bekommt. Daran müssen wir und will ich arbeiten, denn ohne Vertrauen werden wir keine krisenfeste Gesellschaft hinbekommen.“
Hintergrund:
Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ soll für vier Handlungsfelder Empfehlungen erarbeiten, die das Ziel haben, das baden-württembergische Gemeinwesen für die Zukunft resilienter und krisenfester aufzustellen. Dabei soll sie sich insbesondere auf die Erarbeitung solcher Handlungsempfehlungen konzentrieren, die ihre Wirkung im Zeitraum nach Abschluss ihrer Tätigkeit entfalten können, auf Landesebene umsetzbar sind und den Fokus auf die Umstände von Krisen setzen.