„Es sind 82 Millionen Menschen, so viele wie die Bundesrepublik heute Einwohner hat, nach Daten der UNO aktuell weltweit auf der Flucht. Fast 50 Millionen von ihnen sind Binnenflüchtlinge, der Rest sucht in anderen Ländern Zuflucht vor Hunger, Gewalt, religiöser Auseinandersetzung, Tod, Krieg, Heimatverlust. Ihnen und ihrem Schicksal haben wir an der Gedenkfeier für die Opfer von Flucht und Vertreibung am 21. Juni gedacht. Aber eben nicht nur“, so Raimund Haser. „Dieser Tag ist auch ein Tag des Gedenkens an unsere eigene Geschichte. Oder besser gesagt: An die Geschichte unserer Väter und Mütter, Großväter und Großmütter, an die Geschichte unserer Republik, an den wirtschaftlichen Aufstieg Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg, der nur durch den Zuzug von 15 Millionen fleißigen, arbeitswilligen, integrationswilligen Vertreibungsopfern möglich wurde. Sie alle waren völlig unterschiedlich, wohnten tausende Kilometer voneinander entfernt. Nur eines verband sie: Die deutsche Sprache und ihre deutsche Kultur.“
In seiner Rede am Vertriebenendenkmal in Bad Cannstatt sprach Haser insbesondere über das Thema Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg. „Die Schuld des Zweiten Weltkriegs, das kaum Fassbare, ist eine deutsche Angelegenheit. Die Ausführenden der Vertreibung waren in der Folge aber andere. Deshalb ist es heute umso mehr unsere Aufgabe, im ständigen Dialog mit unseren östlichen und südöstlichen Nachbarn dieses Faktum nicht zu verleugnen: Wenn auch als direkte Folge des Krieges, so wurden die Deutschen zwischen 1944 und der Gründung der Bundesrepublik entweder von bis dato zu Deutschland gehörenden Ländereien wie z.B. in Schlesien oder Ostpreußen vertrieben, oder die Völker, mit denen sie bis dato im Frieden zusammengelebt haben – wie zum Beispiel in Jugoslawien – haben sich gegen sie erhoben, sie ermordet oder sie aus ihrem Land getrieben. All das wird immer schwerer zu vermitteln. Erst recht in den kommenden Jahrzehnten, wenn keiner mehr am Leben sein wird, der all das am eigenen Leib erfahren hat.“
Als Präsidiumsmitglied im Bund der Vertriebenen und als Sohn eines Vertriebenen begrüßt Raimund Haser daher die Eröffnung des „Dokumentationszentrums Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ am 21. Juni 2021 in Berlin durch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Dieses Zentrum stellt für den Landtagsabgeordneten einen Baustein in der Erinnerungs- und Gedenkstättenlandschaft der Hauptstadt dar. „Die Bundesrepublik Deutschland hat – auf Initiative des Bundes der Vertriebenen und unserer Stiftung ‚Zentrum gegen Vertreibungen‘ – einen Erinnerungs- und Lernort geschaffen, der die Geschichte der 15 Millionen deutschen Heimatvertriebenen und Flüchtlinge darstellt. Und der sich dabei nicht an die eigene Klientel richtet, sondern, wie es sich in der Hauptstadt gehört, an die gesamte Gesellschaft, an eine breite, internationale Öffentlichkeit richtet, die oft zu wenig vom Schicksal der Deutschen unter den Vertriebenen weiß. Darüber bin ich sehr froh“, so Haser.
Die Gedenkveranstaltung für die Opfer von Flucht und Vertreibung am 21. Juni 2021 in Bad Cannstatt kann online nachgeschaut werden unter: https://bdv-bw.de/gedenktag20-06-2021/
Weitere Informationen zur Eröffnung des Dokumentationszentrums in Berlin finden Sie hier: https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/dokumentationszentrum-1934080