Trendpapier vorgelegt – Selbsthilfefähigkeit der Bürgerinnen und Bürger an erster Stelle

Stuttgart – Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ beendete am Freitag (26.05.2023) im Stuttgarter Landtag das Handlungsfeld „Staatliche Krisenvorsorge, -früherkennung und –bekämpfung“ mit einer Aussprache. Die Koalitionsfraktionen legten dazu ein Trendpapier zu Handlungsempfehlungen vor. Zugleich wurde das das Handlungsfeld „Gesellschaftliche Betroffenheiten“ eröffnet, mit dem ein besonderer Blick auf vulnerable Gruppen genommen wird.

In Bezug auf das Handlungsfeld „Staatliche Krisenvorsorge“ betont der CDU-Obmann der Enquetekommission Dr. Matthias Miller MdL: „Die Betrachtung einer staatlichen Krisenvorsorge und Krisenbewältigung darf nicht davon ablenken, dass vor allem auch jede/-r Einzelne selbst gefragt sind: Ansatzpunkte sehe ich hier in der Stärkung der Selbsthilfefähigkeit der Bürgerinnen und Bürger, der allgemeinen Vorbereitung und Prävention sowie in der Aus- und Fortbildung und einschlägigen Übungen.“ Miller weiter: „Wir haben diese Punkte in unserem Trendpapier festgehalten und konkretisiert. Ebenso haben wir die Relevanz einer passenden Kommunikation betont, was sich sowohl auf die öffentliche Warnstruktur als auch auf den institutionellen Bereich der Modernisierung der Leitstellen bezieht. Eine Stärkung des Ehrenamts bei sinnvoller Ergänzung durch hauptamtliche Kräfte ist mir dabei ein persönliches Anliegen.“

In der Aussprache führte auch die stv. Ausschussvorsitzende Dr. Natalie Pfau-Weller MdL diese Punkte weiter aus. Sie forderte klare Zuständigkeiten und Vernetzung in staatlichen Verwaltungsstrukturen, gerade zum Schutz kritischer Infrastrukturen. „Datennutzung, Datenvernetzung und Datenschutz sowie Bürokratieabbau und Rechtsetzung sind klare Maßgaben an die öffentliche Hand. Um Redundanzen und Flexibilität sicherzustellen, sind entsprechende finanzielle Mittel wichtig“, so ihr Hinweis. Die Abgeordnete ist sich ferner sicher: „Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der politisch-administrativen Gefahrenabwehr sowie im Risiko- und Krisenmanagement gilt es bei uns mitten in Europa weiter auszubauen“.

Kommissionsmitglied Dr. Christoph Müller von NETZE BW, einem Bereich der kritischen Infrastruktur, wies in der Debatte darauf hin, dass es mehr Flexibilität in Definition und Umgang bei der Bestimmung solcher KRITIS-Unternehmen geben müsse. KRITIS-Personal sei auch von Art und Wesen der Krise her zu bestimmen. Sogenannten ungeschützten Kunden schlicht den Strom abzuschalten könne zu ungewollten Folgen, etwa in der Lebensmittelversorgung, führen.

Vertreter der verschiedenen Beteiligungsformate angehört

Die in den letzten Monaten durchgeführten Formate des „Bürgerforum Krisenfeste Gesellschaft“ sowie der Jugendbeteiligung unter gleichem Namen erhielten Gelegenheit, ihre Ergebnisse vorzustellen und mit den Mitgliedern der Kommission im Plenarsaal und beim gemeinsamen Mittagessen in einen Austausch einzutreten.

Denn stellvertretend für die Bevölkerung Baden-Württembergs hatten 48 zufällig ausgewählte Einwohnerinnen und Einwohner ihre Erfahrungen und Expertise eingebracht und zahlreiche fachliche Impulsen zur Diskussion genutzt. Junge Menschen zwischen 7 und 26 Jahren hatten sich in einer Jugendkonferenz und im Rahmen von dezentralen Beteiligungsformaten ebenfalls mit zahlreichen Themen befasst. Dies erfolgte jeweils mit dem Ziel, die Enquetekommission für ihre Erfahrungen und Sichtweise zu sensibilisieren und eine Beitrag zur politischen Willensbildung zu leisten.

Auch die Kommissionsmitglieder der CDU-Fraktion setzen sich in der Diskussion mit diesen vorgetragenen Ergebnissen auseinander und dankten diesen Menschen für ihren Beitrag zur gelebten demokratischen Kultur.

Besonders vulnerable Gruppen als Teil der pluralistischen Gesellschaft im Fokus

Beim Einstieg in das dritte Handlungsfeld mit der Anhörung von Sachverständigen setzte aus Sicht der CDU-Kommissionsmitglieder Freiburger Prof. Dr. Ulrich Eith ganz zentrale Impulse. Er verfügt über eine anerkannte Expertise zu „Repräsentation und Teilhabe“ durch Bürgerbeteiligung in Entscheidungsfindungsprozessen. Eith lobte die Vorstellung der Ergebnisse der neben dieser Enquetekommission bereits durchgeführten Beteiligungsformate im Parlament selbst. Insgesamt genießen seiner Ansicht nach Bürgerforen hohe Wertschätzung in der Bürgerschaft. Wichtig sei ihre öffentliche Sichtbarkeit, die öffentliche Diskussion der erarbeiteten Ergebnisse und ihre Einbindung als Teil des Gesetzgebungsprozesses. Nur dann sei dies Förderung der Kultur des demokratischen Diskurses in der pluralistischen Gesellschaft. Die CDU-Kommissionsmitglieder nehmen wichtige Impulse hieraus auch für die laufenden gesetzgeberischen Reformdiskussionen mit.

Abschließend stellt Miller mit Blick auf den Sitzungstag fest: „Während der Coronapandemie waren etwa chronisch Kranke und pflegebedürftige Menschen, Alleinerziehende, Menschen mit Migrationshintergrund und Menschen mit einem geringen Einkommen ebenso wie Kinder, Jugendliche, junge Menschen und überhaupt Familien besonderen Belastungen ausgesetzt. Hier wollen wir in den nächsten Sitzungstagen besonders in die Nachbetrachtung einsteigen, um Handlungsempfehlungen für die Zukunft zu generieren.“

Hintergrund:

Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ soll für vier Handlungsfelder Empfehlungen erarbeiten, die das Ziel haben, das baden-württembergische Gemeinwesen für die Zukunft resilienter und krisenfester aufzustellen. Dabei soll sie sich insbesondere auf die Erarbeitung solcher Handlungsempfehlungen konzentrieren, die ihre Wirkung im Zeitraum nach Abschluss ihrer Tätigkeit entfalten können, auf Landesebene umsetzbar sind und den Fokus auf die Umstände von Krisen setzen. Das Handlungsfeld „Gesellschaftliche Betroffenheiten“ ist in der heutigen Sitzung mit der Anhörung von Vertretern der Beteiligungsformate sowie ersten Sachverständigen eingeläutet worden.

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