Stuttgart – Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ schloss heute im Stuttgarter Landtag das Handlungsfeld „ökonomische Aspekten von Krisen“ mit einer Aussprache der Fraktionen ab.
Mit einem leidenschaftlichen Plädoyer für die soziale Marktwirtschaft brachte die stv. Ausschussvorsitzende Dr. Natalie Pfau-Weller MdL (CDU) die Erkenntnisse der letzten Anhörungen zum Handlungsfeld Wirtschaft auf den Punkt. „Resilienz entsteht im Zusammenspiel von Staat und Privaten. Der historische Erfolg der Sozialen Marktwirtschaft basiert auf einer auf Langfristigkeit ausgelegten und vertrauensvollen Zusammenarbeit von Staat, Wirtschaft und gesellschaftlichen Akteuren. Es sind einerseits die Unternehmen der Privatwirtschaft, die am besten in der Lage sind, Entscheidungen für ihren eigenen wirtschaftlichen Erfolg zu treffen und so Innovationen als grundlegenden Bestandteil wirtschaftlichen Handelns voranzutreiben“. Andererseits müsse der Staat die richtigen Rahmenbedingungen als Leitplanken für eine lebenswerte Zukunft aller Bürgerinnen und Bürger schaffen, legte die stv. Ausschussvorsitzende dar.
Ein persönliches Anliegen war Natalie Pfau-Weller auch die Fachkräftesicherung. Der Arbeits- und Fachkräftemangel hemme Wachstum und Produktivität und damit auch die Krisenfestigkeit unserer Wirtschaft. Diese Entwicklung werde durch die Effekte der Demografie noch deutlich verschärft. Wo qualifizierte Fachkräfte fehlten, sei die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen eingeschränkt und es bestehe die Gefahr einer eingeschränkten Versorgung. „Ein verschärfter Wettbewerb um Beschäftigte führt potenziell zu steigenden Ausgaben für Löhne und folglich auch zu einem erhöhten Inflationsrisiko. Wir halten daher eine Neuausrichtung der Arbeitsmarktpolitik für notwendig, welche die Arbeitsproduktivität stärkt und forcieren eine weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit im Rahmen des geltenden EU-Rechts“ zeigt sich Pfau-Weller überzeugt.
Pfau-Weller legte zudem ein klares Bekenntnis zur Einbindung Baden-Württembergs in die europäische und internationale Wirtschaft ab. „Diese hat unser Land wirtschaftlich stark gemacht. In Zeiten zunehmender Handelskonflikte ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Handels- und Wirtschaftspolitik von großer Bedeutung. Die Lieferketten stehen durch viele Faktoren unter Druck“. Kritische Abhängigkeiten in Lieferketten und Absatzmärkten sollten unter Berücksichtigung der geopolitischen Risiken reduziert werden. Eine Fixierung allein auf heimische Produktion und Protektionismus sei keine Lösung. „Weiterhin müssen wir Freihandel und offenen Märkten Vorrang geben – insbesondere mit Staaten, die unsere Werte teilen (Friendshoring). Freihandelsabkommen befördern die Erschließung neuer Märkte und sind daher ein wichtiger Teil zur Diversifizierung von Lieferketten und zum Abbau kritischer Abhängigkeiten.“
Krisenfeste Wirtschaft durch frühzeitiges Krisenmanagement und im Krisenfall eine entsprechende Krisenkommunikation
Das Land unternimmt mit der Entlastungsallianz einen wichtigen Schritt zum Abbau überflüssiger bürokratischer Vorgaben, was nach Ansicht der CDU-Fraktion weiter zu intensivieren ist. „Es ist wichtig für die Gesamtbilanz, keine neuen belastenden Regelungen einzuführen. Um die Belastungen für Wirtschaft, Verwaltung und Bürgerinnen und Bürger spürbar zu reduzieren und mit gutem Beispiel voranzugehen, erachten wir daher gerade ein Belastungsmoratorium auf Landesebene als spürbare Rückführung von Regelungen für notwendig. Insbesondere gilt dies hinsichtlich der Reduktion und Eindämmung von Regulatorik und Berichtspflichten. Berichte dürfen sind nicht Selbstzweck sein, sondern sollen der Transparenz gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern dienen“ appellierte Pfau-Weller auch an das Selbstverständnis von Politik.
Auch ein frühzeitiges Krisenmanagement und im Krisenfall eine frühzeitige Krisenkommunikation gegenüber Wirtschaft und Industrie seien sicherzustellen. „Gemeinsame Krisenreaktionspläne, Notfallregelungen und intelligente Krisen- und Pandemieschutzkonzepte müssen (fort-) entwickelt werden. Sie sind regelmäßig an neue Gegebenheiten anzupassen, abzustimmen und zu beüben sowie mit anderen Ländern zu harmonisieren. Dem Bedürfnis nach besser geordneten Prozessen der inhaltlichen Beteiligung von fachlich kompetenten Ansprechpartnern der Fachverbände (im Krisenfall) müssen wir bei der Erarbeitung von Rechtsverordnungen und anderen Entscheidungen mit maßgeblicher Wirkung möglichst frühzeitig und substantiell Rechnung zu tragen“. Im Krisenfall sei bei der Formulierung von Auflagen und Beschränkungen sowie bei der Ausgestaltung von Förderprogrammen auf Klarheit und Verständlichkeit zu achten. Wirtschaftshilfen seien einfach, unbürokratisch aber zugleich transparent und rechtssicher zu gestalten, um Hilfe zur Selbsthilfe zu ermöglichen, so Pfau-Weller abschließend.
Hintergrund
Die Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ soll für vier Handlungsfelder Empfehlungen erarbeiten, die das Ziel haben, das baden-württembergische Gemeinwesen für die Zukunft resilienter und krisenfester aufzustellen. Dabei soll sie sich insbesondere auf die Erarbeitung solcher Handlungsempfehlungen konzentrieren, die ihre Wirkung im Zeitraum nach Abschluss ihrer Tätigkeit entfalten können, auf Landesebene umsetzbar sind und den Fokus auf die Umstände von Krisen setzen.